Der ProMontesPreis der Schweizerischen Stiftung für Alpine Forschung, SSAF, wurde am Donnerstag, 1.3.2018, anlässlich der Phil.Alp-Tagung der Interakademische Commission für Alpine Studien, ICAS, in Fribourg vergeben.
Preisträgerin ist Denise Binggeli*, Studentin am Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz der Universität Basel.
Mit ihrer Masterarbeit über die “Erfolgreiche Wiederbewirtschaftung von verlassenen Terrassenlandschaften in den Tessiner Alpen” hat Frau Binggeli gezeigt, dass durch die Initiative von lokalen Tessiner Organisationen zur Revitalisierung terrassierter Weinberge und Graslandschaften die fortschreitende Wiederbewaldung gestoppt, die Landschaftsvielfalt reaktiviert und die Artenvielfalt erhöht werden konnte. Frau Binggeli untersuchte im Maggia-, Onsernone- & Rovanatal, inwieweit sich die Artenvielfalt von Gefässpflanzen auf Terrassen, die seit 100 Jahren permanent genutzt wurden von derjenigen auf Terrassen unterscheidet, die erst seit 10-15 Jahren wiederbewirtschaftet werden. Ihr erfreulicher Befund war, dass praktisch kein Unterschied in der Pflanzenvielfalt festgestellt werden konnte – vorausgesetzt, die Terrassen liegen nicht zu lange brach, weil sonst die charakteristischen Offenland-Arten von Schatten-toleranten Arten verdrängt werden. Selbstverständlich profitieren auch andere Artengruppen wie Insekten, Reptilien und Vögel von dieser Revitalisierung der traditionellen, extensiv bewirtschafteten Rebberge, Wiesen und Weiden der Tessiner Alpen.
Frau Binggeli, hat mit Ihrer Forschung den wissenschaftlichen Nachweis erbracht, dass mit der Wiederbewirtschaftung von aufgegebenen Flächen die zunehmende Ausdehnung des Waldes aufgehalten wird, und so eine Abnahme der Pflanzenvielfalt verhindert werden kann.
Der ProMontesPreis im Wert von 3’000 Franken honoriert diese Nachwuchsforschung als wichtigen Beitrag für die Zukunftssicherung der alpinen Kulturlandschaft. Weitergehende, projektbezogene Forschung wird auf Antrag hin mit zusätzlichen 20’000 Franken unterstützt.
Die Schweizerische Stiftung für Alpine Forschung sieht sich veranlasst, speziell die Forschung für die Zukunftssicherung der kulturgegebenen Alplandschaften zu fördern, weil diese im Gegensatz zu den naturgegebenen Wald- und Moorlandschaften des Berggebietes von den etablierten Naturschutzbestrebungen zu wenig berücksichtigt werden.
Seit dem 20 Jahrhundert ist es auch im Alpenraum zu rasanten Umwälzungen gekommen. So konnte sich zwar der Bergwald weitgehend vom Raubbau im 19. Jahrhundert erholen und auch die Rasenlandschaft der alpinen Stufe hat von Naturschutzmassnahmen profitiert. Andererseits leidet aber die traditionelle Kulturlandschaft bis heute unter verschiedensten Entwicklungstendenzen der letzten Jahrzehnte. Mit Tourismus- und Verkehrsentwicklung eröffneten sich für die Bergbevölkerung Verdienstangebote, welche die Landschaftspflege vernachlässigbar machten. Die grösste Gefährdung erwächst der alpinen Kulturlandschaft und dem von ihr abhängigen Drittel des alpinen Biodiversitätsspektrums allerdings aus dem Sein oder Nichtsein der Landwirtschaft selbst. Einerseits führt ihre Intensivierung an rentablen Lagen zum Artenrückgang. Andererseits führt die Bewirtschaftungsaufgabe dort, wo der Mangel an Arbeitsplätzen und Service public zur Abwanderung zwingt, durch konkurrierende Verwaldung ebenfalls zum Rückgang der Artenvielfalt.
Naturschutz und Kulturlanderhaltung sind kein Widerspruch, denn so wie unsere Kulturlandschaft integraler Teil der Natur ist, so ist auch die Naturlandschaft integraler Teil unserer Kultur. Deshalb unterstützt die Schweizerische Stiftung für Alpine Forschung alle Bestrebungen für menschengerechten Naturschutz und naturgerechte Kulturlanderhaltung.
Alpine Biodiversität statt Alpine Brache!